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Von Alpakas, Hunden und Königsnattern – Tierische Therapeuten im Einsatz

Kaum einer hebt den Kopf, als Caral den Raum betritt. Der Blick aus seinen großen, braunen Augen wandert aufmerksam über die 12 Bewohnerinnen und Bewohner des ASB Seniorenwohnheims „Haus Dammstraße“, die im Halbkreis sitzend auf die „Streichelstunde mit großen Tieren“ warten. Einige von Ihnen sind eingenickt, andere scheinen weit weg in ihre eigene Welt abgetaucht zu sein. Viele Blicke gehen ins Leere.

Caral setzt seine Hufe mit Bedacht, als er weiter in den Raum schreitet. Er ist eines von 12 Alpakas aus dem Stall von Nora und Joachim Kuntzagk. Die beiden kommen seit über 10 Jahren ehrenamtlich und regelmäßig einmal im Monat in das Nauener Seniorenwohnheim, um mit ihren Tieren eine Stunde lang für die Seniorinnen und Senioren da zu sein. Dieses Mal habe sie neben dem Alpaka-Hengst Caral auch die 4jährige Yorkshire-Hündin Minchen und eine Königsnatter dabei.

Mit viel Ruhe und Bedacht beginnt Joachim Kuntzagk mit Caral die Begrüßungsrunde. Beide gehen von Stuhl zu Stuhl und lassen jedem Bewohner Zeit, sich auf die Situation einzulassen. Durch viele der Bewohner geht eine sichtliche Veränderung. Der Blick wird fokussierter, Gesichter öffnen sich, als Caral an sie herantritt. Sobald sich Mensch und Tier aufeinander eingelassen haben, senkt Caral seinen Kopf, beschnuppert den Menschen vor sich und schmiegt sich mit seiner weichen Schnauze an Kopf und Wange.

Viele genießen die Berührung, lächeln oder Lachen ganz offen. Wo die Finger nicht mehr so recht wollen, unterstützt Kuntzagk. Er öffnet vorsichtig verkrampfte Fäuste, hebt Hände zum Tier, wo sich manche Verkrampfung bei der Berührung mit dem weichen Fell löst. „Die Hände lieber an den Hals, nicht ins Gesicht. So mag Caral es gerne“, erklärt Kuntzagk die Vorlieben des Alpakas. Nur wenige halten Abstand und wollen nur mit den Händen streicheln. Die meisten möchten den Alpaka-Hengst umarmen und ganz dicht am Körper spüren. Caral lässt es großzügig geschehen. Manch einem Bewohner steigen Tränen in die Augen.

„Viele unserer Bewohner hatten früher selbst Tiere“, weiß Carina Hinz, die als Betreuungskraft Treffen wie diese organisiert. „Manche der an Demenz erkrankten älteren Bewohner erinnern sich später zwar nicht mehr, aber man sieht deutlich, wie glücklich sie jetzt gerade sind.“

Währenddessen läuft Hundedame Minchen aufgeweckt durch den Raum, wandert von Schoß zu Schoß oder tobt vor den Augen der mittlerweile deutlich wacheren Bewohner.

Nora Kuntzagk holt die Königsnatter aus ihrer Transportbox und legt sie vorsichtig in die Hände der Bewohner, die sie anfassen möchten. „Wir werden oft angefragt und gehen in Seniorenheime, in Einrichtungen für Behinderte oder auf Feste mit unseren Tieren. Für mich war immer klar, dass ich später Kamele haben würde“, lacht die ehemalige Leiterin des Kamel-Reviers im Berliner Tierpark.

Caral kaut mittlerweile genüsslich auf einem Stück Apfel, während sich die kleine Königsnatter wie eine Kette um den Hals einer älteren Dame ringelt. Stolz und sehr präsent lächelt die Dame mit ihrer lebendigen Halskette in die Kamera. Von Teilnahmslosigkeit ist keine Spur mehr zu sehen.

Mehr zu Nora und Joachim Kuntzagk unter: http://hvl-alpaka.de/

 

Text und Bilder: Christina Gericke