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60 Jahre Freiwilligendienste

Jubiläumsveranstaltung mit Minister Steffen Freiberg

Potsdam, 17.05.2024. Mehr als hundert Gäste nahmen an der gestrigen Jubiläumsveranstaltung zu „60 Jahre Freiwilligendienste“ in Brandenburg teil. FSJler, BFDler, Trägervertreter/-innen, ehemalige Freiwilligendienstleistende sowie Vertreter/-innen aus Wissenschaft und Politik kamen zum konstruktiven Austausch in Workshops, Diskussionen und zu Impulsvorträgen zusammen.

Steffen Freiberg, Minister für Jugend, Bildung und Sport des Landes Brandenburg, unterstrich in seiner Eröffnungsrede nicht nur die gesellschaftliche Notwendigkeit der Freiwilligendienste, sondern nahm anschließend auch an einem Austausch mit Felix Krüger, FSJler im Fahrdienst in Beelitz, und Luisa Krause, FSJlerin im Familien- und Jugendzentrum in Stahnsdorf teil. Sie berichteten u. a. von der Erlangung wichtiger sozialer und persönlicher Kompetenzen für die weitere berufliche Laufbahn bereits in jungen Jahren, dem Meistern von Herausforderungen, der gestiegenen Toleranz gegenüber anderen Menschen, der oft fehlenden gesellschaftlichen Anerkennung freiwilliger Arbeit und der unzureichenden Finanzierung insbesondere für Menschen mit geringem Elterneinkommen. Minister Freiberg: „Ich nehme aus diesem Gespräch unter anderem den Hinweis auf den möglichen Zugang zu Wohngeld mit. Vielleicht kann es gelingen, Automatismen für den Anspruch auf bestimmte Unterstützungen zu entwickeln.“ Versprechen könne er aber nichts.

Nach dem umfangreichen Workshop-Angebot zu den Themen Stressprävention, Inklusion, Songwriting, Rechtspopulismus, Persönlichkeitsentwicklung und Demokratiebildung im Freiwilligendienst, erläuterte Prof. Dr. Tim Wersig (Medical School Berlin) empirische Daten. So zeigte er auf, dass Freiwilligendienste kaum von Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen absolviert werden, die meisten (Fach-)Abi besäßen. Hier sei viel Luft, um auch Menschen mit anderen Abschlüssen und aus anderen sozialen Milieus zu erreichen. „Zudem überwiegt heute – anders als noch vor zwanzig Jahren – das Persönliche gegenüber dem Gemeinwohl. Junge Menschen möchten sich persönlich weiterentwickeln, Zeit sinnvoll überbrücken, sich orientieren, Eigenständigkeit erfahren – der Dienst für die Gesellschaft ist dabei zweitrangig geworden.“ Dies sei kein Nachteil, sondern für die Persönlichkeitsentwicklung und die berufliche Zukunft wichtig. Hier könne eine daran angepasste Form der Ansprache und der Kommunikation bei der Gewinnung von Freiwilligen helfen.

Konstruktiv wurde es bei der abschließenden Podiumsdiskussion mit Katrin Krumrey (Kinder- und Jugendbeauftragte von Brandenburg), Felix Krüger (FSJler Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.), Marie Beimen (Kampagne "Freiwilligendienste stärken"), Prof. Dr. Tim Wersig und Detlef Graupner (Leiter Fachstelle "Freiwilligendienste in Sachsen").

Aus dieser gingen folgende Kernforderungen hervor:

  1. Eine auskömmliche Finanzierung eines FWD für Freiwillige und Träger, auch für Menschen mit wenig Elterneinkommen, durch eine stärkere Förderung von Bund und vor allem Ländern;
  2. Mehr gelebte Wertschätzung in der Gesellschaft und innerhalb der Träger gegenüber Freiwilligendienstleistenden
  3. Anerkennung der Relevanz eines FSJ zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen in Hinblick auf deren Wert für die Zukunft unserer Gesellschaft
  4. Gesetzlicher Teilzeitanspruch
  5. Kein Ersatz von Fachkräften bei der Personalplanung in den Einrichtungen und eine entsprechende Behandlung und Betreuung der Freiwilligen während des Dienstes

„In einer Zeit, die von Jugendlichen als krisenhaft empfunden wird, ist der unbezahlbare Wert eines FSJ nicht hoch genug einzuschätzen. Die rund 900 Jugendlichen, die jedes Jahr nach der Schule in Brandenburg einen Freiwilligendienst absolvieren, eignen sich während des Jahres Verantwortungsbewusstsein, Teamfähigkeit, Belastbarkeit und viele weitere wichtige soziale Kompetenzen an. Sie verinnerlichen zudem demokratische Werte und rund 2/3 aller Jugendlichen entscheiden sich nach dem Dienst für eine Ausbildung oder ein Studium im sozialen Bereich. Wollen wir das Miteinander in unserem Sozialstaat stärken und Jugendlichen Orientierung bieten, dann ist das FSJ auch für die nächsten Jahrzehnte unverzichtbar“, sagt Sebastian Hennig, Pädagogischer Referent des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg.

Neben viel Musik der Beatboxer The Razzzones aus Berlin, bot der Tag insgesamt viel Raum für Gespräche und Austausch. Abgerundet wurde er mit dem Anschnitt einer (veganen) XXL-Jubiläumstorte.

 Über 60 Jahre Freiwilligendienste in Deutschland:

Die Freiwilligendienste sind eine besondere und geregelte Form des bürgerschaftlichen Engagements. Anfang und Ende des Dienstes, Dauer und Umfang, Inhalte und Aufgaben, Ziel und Art der freiwilligen Tätigkeit wurden im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) seit 1964 und im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) seit 1993 gesetzlich geregelt. Auch der finanzielle und organisatorische Rahmen, die rechtliche und soziale Absicherung der Freiwilligen sowie die Orte und Träger wurden dabei berücksichtigt. Mit seiner Einführung im Jahre 1964 war Deutschland Vorreiter in Europa für einen gesetzlich geregelten Freiwilligendienst. Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es die Freiwilligendienste in Brandenburg.